„Wir brauchen Fotos, damit wir die Welt verstehen.“ Mit diesen Worten wird Francois Hèbel, der ehemalige Direktor des südfranzösischen Fotofestivals Rencontres d’Arles zitiert. Ich teile seine Auffassung, doch das reicht meines Erachtens nicht. Diese Feststellung ist zugleich ein Aufruf an jede Naturfotografin und jeden Naturfotografen, sich zu fragen, wozu die eigenen Bilder beitragen können. Welche Erkenntnisse man vermitteln möchte und in welchen Dienst man sein Wirken stellt. Sicherlich ist die Erstellung von Fotografien für die Naturwissenschaft, die Bildungsarbeit und den Naturschutz wichtig und unverzichtbar. Doch die größten Herausforderungen der Gegenwart bestehen wohl in der Frage, wie man den Folgen des schnell voranschreitenden menschengemachten Klimawandels verantwortlich, wirksam und weltweit sozial ausgewogen begegnen kann. Umweltkatastrophen ereignen sich nicht nur an den Polkappen oder im Regenwald im fernen Brasilien. Umweltkatastrophen und Umwälzungen geschehen auch hier und jetzt in der heimischen Natur. Jeden Tag und auf unterschiedlich Art und Weise. Dabei sind es oft schleichende Prozesse mit durchaus nachhaltiger Wirkung.
Die Erkenntnis, das Wissen um die Dinge, ist eine essentielle Voraussetzung für den Bewusstseinswandel und die Veränderung von Verhalten. Hier sind wir als Naturfotografen:innen zunehmend gefragt nicht nur die „Sonnenseiten“ der Natur zu zeigen. Wir neigen zur Überhöhung des Schönen, des Natürlichen – zur Romantisierung. Heute erscheint es mir wichtig zu sein, auch und gerade die Verletzlichkeit der Natur zum Thema zu machen. Unsere Bilder können Fragen stellen, konfrontieren, aufzeigen, betroffen machen oder widerlegen.
Für die Natur wäre es gerade jetzt wichtig, dass wir Naturfotograf:innen mit unseren Arbeiten politischer werden und dazu beitragen, die Welt, ganz im Sinne von Francois Hèbel, zu verstehen.