Es dauerte in diesem Jahr bis Mitte Februar, bis winterliches Wetter und gutes Licht zusammenkamen. Für mich eine ideale Voraussetzung, um Bilder von der Hunte zu machen. Ich suchte mir den Flussabschnitt zwischen Goldenstedt und Wildeshausen aus. Da mir hier viele fotografisch interessante Punkte bekannt sind, war ein kleiner Tourplan schnell zusammengestellt. In solchen Momenten zeigt sich, dass der Heimvorteil die Arbeit sehr erleichtert. Man muss nicht so viel Zeit mit der Suche von guten Standorten verbringen. Die Ortskenntnisse machen es möglich, sich vorzustellen, wo es unter den gegebenen Bedingungen besonders reizvolle Motive geben könnte. An diesem Morgen war die Huntebrücke bei Colnrade mein erstes Ziel.

Die Landschaft war mit einer Schneedecke verhüllt und der aufsteigende Nebel gefror an der Ufervegetation.  Es entstanden bizarre Gebilde, geformt aus Eis. Diese entwickelten ihren besonderen Reiz im Gegenlicht. Allerdings waren es Kunstwerke auf Zeit, denn trotz der niedrigen Temperaturen, ließen die aufgehende Sonne und der einsetzende, leichte Wind den Raureif schwinden.

Die winterliche Landschaft, das Gegenlicht, die bizarren Eiskristalle, der Fluss und die Kirche als „Ortsangabe“ sollten also die Bestandteile dieser Fotografie werden. Doch wie belichtet man ein solches Bild im Gegenlicht? Mit der üblichen Belichtungsmethode wir das Bild zu dunkel, da die Messmethoden der Kamera die Helligkeit der Sonnen überbetont und es daher zu einer Unterbelichtung kommt. In einer solchen Situation gibt es eigentlich drei Möglichkeiten:

  1. Die erste Möglichkeit könnte man mit „RAW-macht’s-möglich“ beschreiben. Man läßt die richtige Belichtung einfach außer Acht, fotografiert im RAW-Format und vertraut darauf, dass man im Rahmen der Bildbearbeitung  am Rechner die richtige Belichtung auswählen kann. Beim Dynamikumfang der Sensoren aktueller Kameramodelle lassen sich auf diese Weise sehr ordentliche Bildergebnisse erzielen. Ein Nebeneffekt ist sicherlich, dass die Lichter nicht „ausfressen“. Allerdings entsteht beim Aufhellen von unterbelichteten Bildpartien tendenziell Bildrauschen. Das anschließende Entrauschen geht wiederum zu Lasten der Bilddetails.
  2. Die zweite Möglichkeit ist eigentlich der Königsweg. Man nimmt seinen alten Handbelichtungsmesser, schiebt den Diffusor vor die Photozelle und macht eine Lichtmessung. Hierbei wird das vorhandene Licht an dem gewünschten Punkt exakt gemessen. Die Werte werden dann manuell an der Kamera eingestellt und fertig. Diese Belichtungsmethode führt immer noch zu den besten Ergebnissen. Allerdings hat dieses Vorgehen auch einen kleinen Nachteil. Die Notwendigkeit so vorzugehen ist meines Erachtens nur in vergleichsweise wenig Situationen erforderlich. Oft reicht die interne Belichtungsmessung der Kamera aus. Nachteilig ist jedoch, dass man noch ein weiteres Gerät in der Tasche mit sich führen muss.
  3. Die dritte Möglichkeit besteht darin, eine Objektmessung auf der Graukarte durchzuführen. Dazu hält man eine mitgeführte Graukarte in die Lichtsituation und misst das reflektierende Licht. Die Belichtungsmesser nehmen an und sind darauf eingestellt, dass jedes Objekt 18% des einfallenden Lichts reflektiert. Wenn man nun eine „neutrale Graukarte“ im Licht misst, erhält man den Wert, der in der Lichtsituation sowohl mit als auch gegen das Licht die richtigen Belichtungswerte angibt. Die Werte werden manuell an der Kamera eingestellt und so lange sich das Licht nicht ändert, kann man fröhlich fotografieren und erhält bestens belichtete Fotos. Diese Methode wird von mir bevorzugt, denn ich mag es, das fertige Motiv möglichst realistisch schon vor Ort vor mit zu sehen. Außerdem erspare ich mir auf diese Weise später unnötige Zeit am Rechner – Zeit, die ich lieber draußen verbringe. Nun könnten Sie einwenden, dass ich auch bei diesem Vorgehen ein zusätzliches Objekt, nämlich die Graukarte, mit mir führen muss. Das ist grundsätzlich richtig, doch hier kommt mein Fotorucksack ins Spiel. Ich nutze seit Jahren den extrem praktischen und unverwüstlichen Fotorucksack der Firma König. Mit einem Augenzwinkern könnte man auch sagen, der „Kleiderschrank unter den Rücksäcken“. Mein Rucksack kommt in einem „zarten Mausgrau“ daher, also eben der Farbe, die für die Graukarte erforderlich ist. Vor Ort im Gelände lege ich den Rucksack ins Licht, messe die Werte und beginne unbeschwerte mit der Arbeit. Ein Rücksack mit integrierter Graukarte!

Doch wie man letztlich vorgeht, entscheidet sicherlich zu einem großen Teil auch das persönliche Empfinden. Am Ende entscheidet der sichere Weg zum guten Bild.

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